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Mayer’s Materie Mysterium oder 1 = 1 + x
Von Benedikt Krainz | 1.März 2011
Der Kreuzzug gegen privaten Waffenbesitz geht weiter. Auch wenn das Morgenmagazin-Interview mit Frau Mayer vom AAW nicht mehr ganz taufrisch ist, die Verbreitung von Halb- und Unwahrheiten scheint Programm zu sein. Unter anderem heißt es:
(…) und es soll, so habe ich zumindest der Presse entnommen, eine Meldeamnestie durchgeführt werden, das heißt, sich illegal in privater Hand befindliche Waffen sollen legalisiert werden, dann haben wir noch ein bisschen mehr Waffen in den Haushalten (…)
Abgesehen davon, dass diese „Presseveröffentlichungen“ offenbar nur exklusiv Frau Mayer bekannt sind, erscheint es in Deutschland derzeit höchst unwahrscheinlich, dass eine derart vernünftige und an der Lebenswirklichkeit orientierte Amnestieregelung jemals politische Mehrheiten finden würde.
Angenommen, Onkel Herbert besitzt illegal eine Pistole, die er z. B. von seinem Vater geerbt und niemals angemeldet hat. Dann besitzt er eben genau diese eine Schusswaffe. Sieht nun der Gesetzgeber eine Amnestieregelung für solche illegal besessenen Waffen vor und Onkel Herbert meldet die Waffe nachträglich an, dann besitzt er immer noch genau eine Schusswaffe. Nicht zwei, nicht anderthalb, nur eine.
Nur eben ist die ehemals illegale zu einer legalen Schusswaffe geworden, sie unterliegt fortan der Überwachung durch die Waffenbehörde, statt in der Küchenschublade lagert sie gesetzeskonform in einem Kurzwaffentresor und die Wahrscheinlichkeit, dass sie für ein Verbrechen missbraucht wird, ist gegen null gesunken.
Es wäre eine einfache und effiziente Lösung. Also nicht gerade das, was man für gewöhnlich in Deutschland praktiziert, wo alles möglichst kompliziert und teuer geregelt werden muss.
Wie daraus aber nun „ein bisschen mehr Waffen in den Haushalten werden“, wenn bei gleicher Waffenanzahl nur der Teil der registrierten größer und der Part der illegalen kleiner wird, das weiß nur Frau Mayer.
Ansonsten wäre es eine win-win-Situation, wie sie im Buche steht:
Die Besitzer können ihre Waffen behalten, der Anteil problematischer illegaler Waffen sinkt und dadurch verbessert sich die innere Sicherheit, die Wertschrankbranche generiert zusätzlichen Umsatz, der Finanzminister kassiert die Umsatzsteuer daraus und die Behörden freuen sich über die zusätzlichen Gebühreneinnahmen für die entsprechenden Verwaltungsakte.
Alle könnten glücklich sein. Außer natürlich Frau Mayer und das AAW. Denen sind pragmatische Lösungen suspekt. Außer Totalverboten die, wie wir seit Roman Grafe wissen, pro Jahr etwa 99,75% der Opfer von Gewaltverbrechen NICHT VERHINDERN würden, akzeptiert man nichts. Da passt der Sinnspruch für diese Woche auf meinem Apo-Discounter Werbekalender wie die Faust aufs Auge:
„Viele Menschen bringen sich um Erreichbares, indem sie Vollkommenes anstreben.“ (Reader’s Digest)
Schöner könnte ich es auch nicht ausdrücken.
(Danke an Ken für den link)
Topics: Allgemein, Medien, Waffenrecht, Weltverbesserer | 2 Kommentare »
2.März 2011 at 22:44
Bereits 1972 gewährte das Gesetz eine Meldeamnestie. Wer vorher frei erworbene, nun jedoch illegale Waffen in eine Waffenbesitzkarte eintragen ließ, durfte sie behalten.
Doch diese Maßnahme war auf fünf Jahre befristet. Die Bürger hatten Angst, dass sie die gemeldeten (vorher illegalen) Waffen nach fünf Jahren verlieren würden und meldeten nur wenige Waffen an.
Erst als 1976 die grundsätzliche Befristung aufgehoben wurde, entschlossen sich die Alt-Waffenbesitzer, über drei Millionen Waffen anzumelden.
2003 gab es eine Amnestie für illegale Waffen. Doch nur wenige Tausend Waffen wurden abgegeben.
2009 gab es eine Amnestie UND die anlasslose Hauskontrolle. Diese brachte die Abgabe von über 150.000 freien und legalen Waffen, jedoch nur wenige Tausend illegale Waffen, zu denen u.a. auch die verbotenen Butterfly-Messer zählen.
Was lernen wir daraus: Geld/Besitz ist wichtiger als Ehrlichkeit.
Kann ich kaum erwischt werden oder droht mir der entschädigungslose Entzug, behalte ich alles, was verboten ist, bevor der Staat davon Kenntnis bekommt und es mir womöglich später wegnimmt.
Ist die Gefahr des Erwischtwerdens größer, so gebe ich lieber sofort alles ab.
Scher ich mich nicht um den Staat, weil ich mich eh schon ausserhalb der Gesetze bewege, interessieren mich Verbote und Strafen nicht. Der Staat braucht ja eine richterliche Anordnung, bevor er mein Haus durchsuchen kann. Ich bin in meiner Wohnung mit meinen illegalen Waffen sicherer als jeder Legalwaffenbesitzer, der schon auf der „farbigen“ Liste steht.
4.März 2011 at 08:33
Die Meldeamnestie von damals hatte aber den Hintergrund, dass zuvor zahlreiche Waffen legal ohne Meldung und Eintrag erworben werden durften; soweit ich weiss (ohne Garantie aus dem Gedächtnis), waren damals Kleinkalibergewehre, Vorderladerrevolver und manche Schrotflinten frei ab 18 Jahren wie heute ein Luftgewehr.
Im Rahmen der RAF Attentate wurde dies dann abgeschafft bzw. verboten, obwohl die RAF solche Waffen ja gar nicht eingesetzt hatte.